»In mir gibt es einen ganz tiefen Brunnen. Und darin ist Gott. Manchmal ist er für mich erreichbar. Aber oft liegen Steine und Geröll auf dem Brunnen, und dann ist Gott begraben. Dann muss er wieder ausgegraben werden. «
Das denkende Herz. Die Tagebücher von Etty Hillesum 1941–1943
GOTT in uns begraben, zwischen Steinen und Geröll. Immer da und doch nur schwer zu finden. Allein kann sich niemand ausgraben – es braucht die Hilfe anderer, auch wenn der*die Verschüttete GOTT selbst ist. Diese Erkenntnis von Etty Hillesum, die sie als „Chronistin ihrer Zeit“ in den Jahren 1941-1943 in Amsterdam in ihren Tagebüchern festhält, scheint auf den ersten Blick wie ein Teil einer klassischen Fastenpredigt „…GOTT mehr Raum im Leben geben, mehr aufs Wesentliche konzentrieren…“, doch der Umkehrschluss ist weit weg vom dem, wie GOTT gewöhnlicher Weise gedacht wird.
»Ich will dir helfen, Gott, dass du mich nicht verlässt, aber ich kann mich von vornherein für nichts verbürgen. Nur dies eine wird mir immer deutlicher: dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns letzten Endes selbst. Es ist das einzige, auf das es ankommt: ein Stück von dir in uns selbst zu retten, Gott. […] Ja, mein Gott, an den Umständen scheinst auch du nicht viel ändern zu können […]. Ich fordere keine Rechenschaft von dir, du wirst uns später zur Rechenschaft ziehen. Und mit fast jedem Herzschlag wird mir klarer, dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen und deinen Wohnsitz in unserem Inneren bis zum Letzten verteidigen müssen.« (Ebd.)
GOTTes Wohnsitz in unserem Inneren pflegen, schön einrichten, sauber halten, für GOTT Platz schaffen und helfen, dass GOTT gut in uns wohnen kann. Diese Herausforderung ist eine Lebensaufgabe, mal einfacher, mal schwerer.
Etty sucht ihren eigenen Weg, damit GOTT in ihr wirken kann:
»Ich glaube, dass ich das tun sollte: morgens vor Beginn der Arbeit eine halbe Stunde lang‚mich nach innen wenden, horchen nach dem, was in mir ist. Sich versenken. Man kann es auch als meditieren bezeichnen. Aber vor dem Wort graut es mir doch ein bisschen. Aber warum eigentlich? Eine halbe Stunde mit mir selbst allein. Es genügt nicht, morgens im Badezimmer nur Arme, Beine und alle anderen Muskeln zu bewegen. Der Mensch besteht aus Körper und Geist. Und eine halbe Stunde Gymnastik und eine halbe Stunde Meditation können zusammen ein solides Fundament für die Konzentriertheit eines ganzen Tages bilden.« (Ebd.)
Jeder Weg mit GOTT ist anders, individuell, wertvoll. Das was alle Wege mit GOTT verbindet, ist das Horchen, das Horchen nach dem, was in mir ist.
Der Philosoph Franz von Baader schrieb: Im Denken sind wir nicht allein. Auch oder gerade im Denken ist Gott in und bei uns. Das finde ich toll, weil wir oft Denken und Glauben getrennt voneinander sehen. Denken ist meine Gemeinschaft mit Gott.
Gott in meinen inneren Räumen. Er wohnt in meinem tiefsten Tiefen. Aber nicht nur da. Ich versuche ihm immer mehr Raum zu machen, und zu entrümpeln was sich als Hindernis auftürmt oder breit machen will.
Wenn er mehr Raum hat, brauch ich ihn nicht so lange suchen, er ist mit seiner Gegenwart da.
Ich lasse mich ein. Ich lasse mich ihm. Ich lasse mich vorfinden. Ich versuche zu hören wie es in mir und aus mir klingt, und überlasse mich seiner Klangeinstellung.
Dank ist ein verlässlicher Raumweiterer, Staunen über das was er in mir schon bewirkt hat, und immer wieder über seine unfaßbare Güte. Ich lege mich experimentell schreibend in seine Worte, die mich inspirieren und umfangen, und mich berühren. Ich begebe mich an den Tisch, der immer für mich bereitsteht, im Angesicht von: Freuden, Nöten, Ängsten….Aber es gibt ja auch Zeiten, oder besondere Zustände, da ist es eher schwierig an den Tisch zu gelangen, wenn ich mich inmitten eines tosenden Meeres befinde und mit Überleben beschäftigt bin. Und gerade da greift das: mich vorfinden lassen.Ich habe kürzlich einen Text geschrieben, bzw. „etwas hat in mir geschrieben“ wie Gott mir nahe gekommen ist. Ich schicke ihn mal mit und hoffe das Ganze ist nicht zu lang und überfrachtend.
Fürchte dich nicht
Sei getrost, ich habe die Welt überwunden!”
Der Schiffbrüchige hat es an Land geschafft. Er winkt mir zu, mir, die auf den Wellen versucht, nicht unterzugehen.
Mir, die versucht, einigermaßen unversehrt festen Boden unter den Füßen zu spüren.
“Fürchte dich nicht “ruft er. “Ich probier es”, ächze ich zurück. Mich nicht zu fürchten. Gar nicht so einfach mit den Wellen rechts und links. Und dem Wind, der zuversichtliche Gedanken übers Meer verteilt. “Ich habe die Welt überwunden, die stürmische See!” “Super, schön“, denke ich. Freut mich für dich. Wirklich. „Aber diese Durchhalteparolen helfen mir gerade nicht besonders.“ Ich brauche etwas Handfestes, etwas zum Festhalten.
Ich sehe wohl, das mir zugeworfene Seil. Dass du es geschafft hast, könnte mir Mut machen, selbst auch nicht unterzugehen. Aber die Übelkeit und der Druck auf dem Herzen, raubt mir die Kraft mich dauerhaft daran festzuhalten.
Deine Stimme höre ich. Von weit her. Ich hier – du dort. Deine Worte, die mich so oft ermutigen, rutschen jetzt in die Wellen neben mir.
“Sei getrost!”
„Ja wie denn?“ „Wie funktioniert das mit dem Trost, wenn es neben und unter mir tost?“ Du im sicheren Hafen, ich auf stürmischer See, mit großem Unbehagen und der Angst unterzugehen, mit der Angst, mich nicht mehr lange über Wasser halten zu können.
Doch du bleibst nicht an Land – bewegst dich zu mir aufs Wasser, legst mir sanft ein Holzbrett unter – es ist breit genug. Du legst dich neben mich. Ich kann jetzt nicht untergehen. Mit dir, neben mir. Mit dir komme ich an Land. Es kann dauern. Aber das spielt jetzt keine Rolle.
Vielleicht gibt es noch lange kein Ankommen. Vielleicht auch keines, wie ich es mir vorstelle. Aber das ist jetzt egal. Dann bleibe ich mit dir hier. Mit dem nachlassenden Druck, mit dem zurückweichenden Unbehagen. Zusammen schauen wir in den Himmel und den Wolken nach. Das:” fürchte dich nicht”, wird zum sicheren Boot. Für eine ganze Weile.
Anmerkung: Während ich diesen Text geschrieben habe, ist genau das geschehen: Druck und Unbehagen weg. Schreiben hilft. Immer – und immer wieder. Auch die Erfahrung des Trostes ist real . Was wirklich trägt im Leben, zeigt sich meist nur dann, wenn der Boden wankt.
Liebe Grüße
Tina
Vielen Dank für diese wunderbaren Worte.
Ach das freut mich😁vielen Dank für die Rückmeldung!
Tolle Story/Geschichte und gut geschrieben.
Gott in mir suchen ist das Einfachste✅
Ich selber will im Leben nach seinen Richtlinien streben u. gute Dinge tun u. schlechte Taten meiden weil das jeder Blödel nur kann🎓🇩🇪🌍🌎🌏
Gott in uns aber ja er ist in jedem menschen und es ist ein schöner weg ihn zu suchen zu finden und dann doch wieder das gefühl zu haben dass er fern ist von mir. Aber er ist da wenn auch oft anders als wir es uns vorstellen. Ich entdecke ihn sehr oft im kleinen schwachen hilflosen momenten aber das ist es was wir eigentlich an weihnachten feiern. Gott wird mensch und er wagt es genauso klein genauso schwach wie er es seiner gesamten schöpfung natur zumutet ins leben zu kommen. Er wird mensch und er kommt als ein kleiner schwacher der hilfe und des schutzes bedürftigen säuglings in unsere welt.